Jeden Monat um die Neumondphase, wenn das Wetter vielversprechend ist, wird die Hohe Geba von Amateurastronomen besucht. Um diesen ausgezeichneten Standort für ihre astronomischen Beobachtungen zu nutzen, kommen sie immer wieder aus dem ganzen Bundesgebiet. Seit der Verein Sternenpark Rhön e.V. dort astronomische Beobachtungen durchführt und Ergebnisse teilweise veröffentlicht, wird die Hohe Geba unter den Himmelsbeobachtern und Amateur-Astronomen bundesweit als Geheimtipp gehandelt.

Sonnenuntergang auf der Hohen Geba. Hohe Rhön und Hohe Geba ragen aus dem Wolkenmeer heraus.

 

Seit 2014 ist der Sternenpark Rhön von der IDA (International Dark Sky Association) als Sternenpark ausgezeichnet.  Das Ziel ist, die Abstrahlung von unnötigem Licht in die Natur und den Nachthimmel zu vermeiden und / oder zu verringern.  Die Akteure des Sternenparks leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Schutz von nachtaktiven Pflanzen und Tieren, zur Gesundheit des Menschen (Chronobiologie) und zum Erhalt des Naturgutes Sternenhimmel.

Da die Hohe Geba in der Kernzone E0 des Sternenparks liegt wird hier Außenbeleuchtung generell vermieden bzw. in begrenzten Ausnahmefällen sinnvoll eingesetzt. Dadurch und durch die geografische Lage innerhalb der Rhön werden hier in guten Nächten Himmelshintergrundhelligkeiten von bis zu 21,65 mag/arcsec2 gemessen. Die geologische Form der Hohen Geba als teilweise unbewaldete Kuppe, die deutlich über das Umland herausragt, ist für das gute „Seeing“ (Luftruhe in den atmosphärischen Schichten) verantwortlich. Damit sind detailreiche Beobachtungen mit sehr guter Auflösung möglich. Während üblicherweise das Auflösungsvermögen durch die atmosphärischen Turbulenzen auf ca. 1,5″-2,5“ (Bogensekunde) begrenzt wird, liegt die Auflösungsgrenze auf der Hohen Geba oft unter einer Bogensekunde.

Wenn alle Plattformen belegt sind, werden die Geräte auf den umliegenden Flächen aufgebaut.

Beobachtungsbereites Teleskop hinter aufgebautem Windschutz.

In der Abenddämmerung bauen die Beobachter ihre Teleskope auf und nutzen dafür gerne die 4 astronomischen Beobachtungsplattformen, die vor ca. einem Jahr dort von der Gemeinde Rhönblick in Zusammenarbeit mit dem Verein Sternenpark Rhön e.V. eingerichtet wurden. Diese, in das Erdreich eingelassen Betonplatten, sind mit 230V Anschlüssen ausgestattet und haben zusätzlich die  Möglichkeit, Windschutzmatten um jede Plattform aufzustellen. 

Bei diesen guten „himmlischen“ Bedingungen auf der Hohen Geba und zusammen mit der praktischen Infrastruktur können unvergessliche Beobachtungen unseres Universums gemacht werden.  Mit guten Teleskopen und der sehr guten Luftruhe (Seeing) können die Planeten und der Mond äußerst detailreich beobachtet werden.  Der Große Rote Fleck (GRF) auf dem Jupiter, ein jahrhunderter alter Wirbelsturm, oder das Vorüberziehen einer der Galileischen Monde vor Jupiter mit Schattenwurf auf dem Gasplaneten sind genauso detailreich zu beobachten wie die Cassini- oder Encke-Teilung in den Ringen des Saturns.

Die Astrofotos in diesem Bericht wurden alle im Laufe der letzten drei Jahre auf der Hohen Geba vom Autor mit dem Gerät aus Bild 3 aufgenommen.

Pferdekopfnebel IC434

Mit großen Teleskopen, die auf den Plattformen ein stabiles Fundament finden, können die Beobachter bis weit in das Universum vordringen. Objekte innerhalb unserer Milchstraße wie offene Sternhaufen sowie helle galaktische Nebel und planetarische Nebel gehören zum Standardprogramm.  Aufwendiger zu beobachten sind die vielen schwachen Nebel und Sternentstehungsgebiete, die man oft nur fotografisch abbilden kann.  Dazu müssen die Teleskope über viele Stunden exakt dem Sternenhimmel nachgeführt werden, damit genügend Licht aufgesammelt werden kann um eine einzige Aufnahme von einem schwachen Objekt entstehen zu lassen. Mit aufwendigen Bildverarbeitungs-programmen werden dann die wesentlichen Bildinformationen herausgearbeitet und die Rauschanteile unterdrückt, bis am Ende anschauliche Astrofotografien vorliegen.

 

 

Weiter „draußen“ liegen die Kugelsternhaufen, die unsere Milchstraße begleiten.  Diese Sternansammlungen sind im Zentrum so dicht mit Sternen gepackt sind, dass selbst größere Teleskope Mühe haben sie in Einzelsterne aufzulösen.

Kugelsternhaufen M13 im Sternbild Herkules

Ebenfalls außerhalb der Milchstraße, aber noch in galaktischer Nachbarschaft finden wir die Galaxien M31 und M33, die mit Entfernungen von ca. 2,5 Millionen Lichtjahren noch zu unserer lokalen Galaxiengruppe gehören.  Während M31, die Andromeda Galaxie, in klaren Nächten auf der Hohen Geba noch leicht mit bloßem Auge zu sehen ist, bleibt die M33 Galaxie dem unbewaffneten Auge verborgen.  Mindestens ein Feldstecher ist notwendig, um sie als schwachen “Nebelfleck” zu identifizieren.  Mit einem Teleskop und längerer Belichtungszeit wird aus dem unscheinbaren Fleck eine der schönsten Spiralgalaxien mit vielen jungen und bläulichen Sternhaufen in den Spiralarmen.  Auffallend sind auch die roten Regionen in den Spiralarmen:  Es sind große Wasserstoffgebiete (Ha), in denen sich die Geburt neuer Sterne und ihrer Planetensysteme vollzieht.

Die Galaxie M33 im Sternbild Triangulum, ca. 2,5 Mio. Lj entfernt

In den Tiefen des Universums spüren die Beobachter auf der Hohen Geba ferne Galaxien, Weltinseln auf, die vergleichbar der Milchstraße sind und ebenfalls mehrere 100 Milliarden Sterne (Sonnen) enthalten können.  Während das Licht der Nebel und Sternhaufen in unserer Galaxie einige 100 bis zu einigen 1000 Jahren unterwegs war,  braucht das Licht anderer Galaxien schon Millionen von Jahren, um zu uns zu gelangen.  Das abgebildete „Leo Triplett“ liegt zum Beispiel in einer Entfernung von ca. 35 Millionen Lichtjahren (Lj), d.h. das Licht braucht ca. 35 Mio. Jahre, um von diesen Galaxien zu uns zu gelangen. Oder anders ausgedrückt, wir sehen diese Galaxien so, wie sie vor 35 Mio. Jahren ausgesehen haben.

Die Galaxien M65, M66 und NGC 3628 im Sternbild Leo, auch als Leo Triplett bekannt.

Damit sind die Beobachter auf der Hohen Geba aber noch nicht am Ende ihrer Reichweite angelangt.  Bei sehr dunklem Himmel und langen Belichtungszeiten treten nach und nach auch ganze Galaxienhaufen zum Vorschein.  Der Virgohaufen liegt schon in einer Entfernung von über 50 Mio. Lj.  Vor ca. 66 Mio. Jahrren waren auf der Erde kurz vorher die Dinosaurier ausgestorben.

Herkules Galaxienhaufen Abell 2151 in einer Entfernung von ca. 500 Mio. Lj.

Auf noch tiefer belichteten Aufnahmen kann man den Herkules Galaxienhaufen auffinden, der in einer Entfernung von ca. 500 Mio. Lj liegt.  Eine Zeit, in der auf der Erde die ersten mehrzelligen Tiergruppen entstanden und die Landmassen noch nicht mit Pflanzen besiedelt waren, das sogenannte Kambrium. Es dauerte dann noch ca. 270 Mio. Jahre, bis die ersten Dinosaurier die Erde bevölkerten.  Der abgebildete Herkules-Galaxienhaufen zeigt viele Spiralgalaxien und Galaxien, die miteinander wechselwirken. Jede dieser Galaxien stellt ein Sternensystem mit 100 Milliarden oder mehr Sternen dar, ähnlich unserer Milchstraße, in der wir beheimatet sind.  Dank der guten Bedingungen auf der Hohen Geba ist der Herkules Galaxienhaufen trotz seiner enormen Entfernung mit mittleren Teleskopgrößen noch recht detailreich abzubilden.  Das Bild Nr. 8 zeigt den zentralen Teil des Galaxienhaufens und ist ein Ausschnitt von ca. 1/5 der Originalbildgröße.

 

Unter guten Bedingungen, dunklem Himmel und gutem Seeing sind von der Hohen Geba aus aber noch Objekte zu erreichen, die zu einer besonderen Art gehören.  Es sind Quasare (quasi-stellar radio source) deren wahre Natur auch den Profiastronomen lange Zeit unbekannt war.  Heute wissen wir, dass es sich bei diesen Objekten um frühe und junge Galaxien handelt, in deren Zentrum sich vermutlich sehr massereiche Schwarze Löcher befinden.  Werden diese Schwarzen Löcher mit viel Materie „gefüttert“, wie es in den frühen Zeiten des Universums oft der Fall war, erzeugt die, in das Schwarze Loch stürzende Materie, eine riesige Strahlungsenergie, die das gesamte Licht der restlichen Galaxie mit ihren Milliarden von Sternen in den Schatten stellt.  Diese riesige Strahlungsenergie ist der Grund, weshalb wir die Quasare überhaupt über so weite Entfernungen wahrnehmen können.  Viele von ihnen sind dennoch so schwach, dass sie sich nur geringfügig von der Himmelshintergrundhelligkeit abheben.  Um sie zu entdecken und abzubilden benötigt man daher einen sehr dunklen Himmel, der möglichst nicht oder nur wenig von künstlichem Licht aufgehellt ist.  Die Quasare erscheinen uns wie Sterne, da sie extrem weit von uns entfernt sind.  Auch die größten Profiteleskope sind nicht in der Lage, mehr (als eine Art Stern) von ihnen wahrzunehmen.

Etwa 10 Bogenminuten nördlich der Galaxie NGC 3079 (ca. 56 Mio. Lj entfernt) liegen zwei Lichtpunkte mit einem Abstand von 6“ (Bogensekunden) beieinander.  Hierbei handelt es sich um den Doppelquasar oder Zwillingsquasar  QSO 0957+561, mit einer scheinbaren Helligkeit von 16.7 mag.  Es ist ein Paradebeispiel für einen starken Gravitationslinseneffekt, den die Allgemeine Relativitätstheorie vorhergesagt hat.  Gravitationslinsen sind extrem intensive Gravitationsfelder von Schwarzen Löchern, massereichen Galaxien oder Galaxienhaufen.  Das Licht eines hinter der Gravitationslinse liegenden Objekts wird nicht nur abgelenkt, sondern erscheint in manchen Fällen, wie beim Twin Quasar, auch doppelt.  Der Zwillingsquasar wurde 1979 entdeckt und war das erste Objekt dieser Art.  Sein Licht war ca. 4,8 Milliarden Jahre zu uns unterwegs, stammt also aus einer Zeit, in der sich die Erde gerade zusammen mit unserem Sonnensystem formte. 

Die Galaxie NGC 3079 im Großen Bären mit dem Twin Quasar Q 0957+561

Etwas unterhalb der Galaxie NGC 3079 ist ein weiterer aber schwächerer Quasar mit einer Helligkeit von 17.5 mag zu finden, der die Bezeichnung SBS 0957+557 hat.  Aus den Daten der Rotverschiebung ergibt sich, dass das Licht dieses Quasars ca. 10 Milliarden Jahre zu uns unterwegs war.  Wir sehen hiermit ein Objekt, aus einer Zeit, in der die Sonne und unser Planetensystem noch lange nicht entstanden waren.

Im oberen Bildteil, gerade an der Grenze der Wahrnehmbarkeit ist außerdem noch ein deutlich weiter entfernter Quasar auszumachen:  Es ist das Objekt Q 0958+5625 und kann nur aufgefunden werden, wenn man die Bildentwicklung an die Grenze des Möglichen treibt, wie im kleinen Kasten oben links zu sehen ist.  Die scheinbare Helligkeit des Quasars liegt hier bei stolzen 20.08 mag und ist ebenfalls von der Hohen Geba aus erreichbar.  Profis haben diesem Quasar eine Rotverschiebung von z=3,216 bescheinigt.  Aus diesem Wert ergibt sich, dass das Licht dieses Objektes über 11,3 Mrd. Jahre zu uns unterwegs war.  Wir sehen somit eine junge und aktive Galaxie aus der Zeit, in der unser Universum gerade mal 2 Mrd. Jahre alt war.

 

Wenn man heute das Alter unseres Universums auf ca. 13,7 Milliarden Jahre schätzt, sind wir auf der Hohen Geba in der Lage, Objekte aufzufinden, die in über 80% Entfernung des sichtbaren Universums liegen. 

Mit der Kenntnis der Objekte, den physikalischen Zusammenhängen, den riesigen Dimensionen und den unfassbaren Zeiten betrachten wir den Sternenhimmel mit Erstaunen, Ehrfurcht und Demut. Wir hoffen, dass der Sternenpark Rhön noch lange die Qualität des Sternenhimmels erhalten kann und dass wir Astronomen noch viel mehr dort in den unendlichen Weiten des Nachthimmels entdecken können.