Was sind eigentlich Sterne?

„Allmächtiger, ist das schön! So habe ich es noch nie gesehen!“ sprach Julia entzückt zu Robert, der neben ihr lag und sich ebenfalls in eine warme Decke einkuschelte, „Bei uns in der Stadt ist das nie zu sehen“.

„Das ist ja auch kein Wunder bei dieser fürchterlichen Lichtverschmutzung, die heutzutage immer mehr zunimmt“ antwortete Robert. „Die Menschen müssen es scheinbar immer und überall taghell haben, rund um die Uhr. Selbst nachts, wenn sie schlafen“.

Beide verbrachten ihren Camping- Sommerurlaub in den bayerischen Bergen. Weitab von bewohnter Zivilisation genossen sie zum ersten Mal die Stille und Einsamkeit der Bergwelt. In dieser klaren Nacht im August gönnten sie sich den überwältigenden Anblick des nächtlichen Sternenhimmels. Zum Glück war gerade Neumond, so dass sie selbst das zarte Band der Milchstraße in voller Pracht sehen konnten.

„Wie viele Sterne mag es da oben geben? Man sieht ja unzählige!“ meinte Julia. „Ach, so viele siehst du gar nicht. Allerhöchstens fünf- oder sechstausend. Mit einem Teleskop könnte man natürlich viel mehr sehen, vor allem wenn man das Band der Milchstraße dort oben betrachtet. Stell dir vor, man schätzt, dass unsere Heimatgalaxie aus mindestens 200 Milliarden Sternen besteht!“. „Und das sind alles Sonnen? Also so wie unsere Sonne?“ „Nein, da gibt es viele verschiedene Arten, je nachdem wie viel Masse sie haben oder wie alt sie sind“. “Robert, du kennst dich doch damit aus. Kannst du mir mal erklären, was überhaupt ein Stern ist, wie funktioniert der?“. „Na, dann pass mal auf:

Sterne sind eigentlich nichts anderes als riesengroße Gasbälle, sie bestehen zum größten Teil aus Wasserstoff, dem einfachsten chemischen Element. Unsere Sonne hat dabei einen Durchmesser von 1 ½ Millionen Kilometern. Das hört sich vielleicht schon gewaltig an, doch zählt man sie zu den Zwergsternen. Im Sternbild Orion zum Beispiel finden wir Beteigeuze, ein Stern der schon mit bloßem Auge rötlich leuchtet. Der ist gleich Tausend mal größer als die Sonne!

Doch mal von vorne: Sterne sind ja nicht einfach da, sie entstehen vor allem in den Spiralarmen der Galaxien. Du siehst ja dort oben die dunklen Zonen im Band der Milchstraße. Genau dort entstehen sie, denn das sind Gebiete, in denen sich riesige, kalte Gas- und Staubmassen befinden.  Die sind sehr dicht, weshalb sie kein Licht durchlassen.

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Bild 1: Milchstraße

Ab und zu bilden sich in einer solchen Wolke Verdichtungen, diese können dann durch ihre Gravitation weiteres Material aus der Umgebung anziehen. Durch die nun größere Masse ist auch die Anziehungskraft größer, so dass immer mehr Material immer schneller auf den Ausgangpunkt einstürzt.

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Bild 2: Orion- Nebel, Sternentstehungsgebiet © NASA, ESA

Du wirst ja wissen, wenn du den Reifen an deinem Fahrrad aufpumpst, dass die Luftpumpe schnell recht warm wird. Da oben geschieht das auch, wenn sich die Wolke immer weiter verdichtet, wird sie heiß. Richtig heiß, meine ich! Wenn die Materie genügend komprimiert ist, so werden leicht mal 3 Millionen Grad im Wolkenzentrum erreicht. Und das ist genau die Geburtsstunde eines Sterns.

 

Eigentlich wollte ich jetzt einen Einwand von dir hören, nämlich, wenn sich die Wolke zusammenzieht und dabei heiß wird, so müsste sie sich doch wieder ausdehnen? Das wäre auch richtig, gäbe es nicht die feinen Staubkörnchen in der Wolke. Wärme heißt ja, dass sich Teilchen schnell bewegen. Das machen die Wasserstoffmoleküle auch, aber sie stoßen mit den Staubteilchen zusammen und verlieren dadurch einen Teil ihrer Bewegungsenergie. Diese Energie nehmen die Staubkörnchen auf, strahlen sie aber wieder als Wärmestrahlung ab. So kühlt sich die Wolke selbst und kann sich immer mehr zusammenziehen.

 

Wie ich schon sagte, ist es im Zentrum richtig heiß. Viel zu heiß für den Wasserstoff, der ja nur aus einem elektrisch positiv geladenen Proton und einem negativen Elektron besteht. Schon bei ein paar Tausend Grad löst sich das Atom auf, die beiden beiden Teilchen trennen sich und können sich frei bewegen – diesen Zustand nennt man Plasma.

Du weißt ja bestimmt noch aus der Schule, dass sich gleichnamige Ladungen abstoßen. Zwei Protonen könnten sich also prinzipiell gar nicht zusammentun. Jetzt kommt uns aber ein spezieller Zweig der Physik zu Hilfe, die Quantenmechanik. Die kennt nämlich einen tollen Trick, den so genannten Tunneleffekt.  Die beiden positiven Ladungen stellen ja so eine Art abstoßende Energie dar, quasi einen Energieberg, den ein Proton überwinden müsste, wollte es sich bei dem anderen einnisten.

Das könnte es zwar, wenn es nur schnell genug wäre. Ist es bei 3 Millionen Grad aber nicht. Jetzt kommt der Trick: Anstatt über den „Energieberg“ zu gehen, spaziert das Proton wie durch einen Tunnel einfach unter dem Berg hindurch und gelangt zum anderen. Vor lauter Rührung über die Begegnung vergießt dann ein Proton eine Freudenträne, ein Positron. Das ist ein positiv geladenes Elektron, hierdurch ist das Proton nicht mehr geladen und wird zum neutralen Neutron. Worauf das neue Pärchen auf immer und ewig vereint bleibt unter dem Familiennamen Deuterium. Doch es bleibt nicht lang allein, bald stößt es mit einem anderen Pärchen zusammen und die vier gründen so eine Art Wohngemeinschaft – die heißt fortan Helium.

 

Wenn es also in einer Wolke so heiß wird, dass solche Vorgänge ablaufen, so ist ein Stern entstanden. Bei dieser Umwandlung von Wasserstoff in Helium wird Energie in Form ultraharter Gammastrahlung frei. Und noch ein winziges Teilchen, das man Neutrino nennt.  Nun strahlt die Sonne aber Wärme ab und sichtbares Licht, keine Gammastrahlung. Das ist so, weil die Strahlung auf dem Weg nach außen immer wieder von Teilchen absorbiert wird, wodurch diese etwas schneller werden. Doch alsbald emittieren sie die Strahlung wieder, die jetzt aber ein wenig energieärmer ist. Auf diese Weise wird die Gammastrahlung nach und nach auf ihrem Weg nach draußen in harmloses Licht umgewandelt. Die Strahlung im Zentrum aber stützt den Stern zusammen mit dem Gasdruck, denn beide wirken der eigenen Schwerkraft entgegen, die ihn immer mehr zusammenziehen möchte.

Der Stern ist jetzt richtig heiß geworden und von ihm geht ein ständiger Strom von Partikeln ab, der so genannte Stern- oder Sonnenwind. Dieser bläst die noch vorhandenen Reste der ursprünglichen Wolke aus der Umgebung fort – der Stern kann deshalb nicht mehr weiter anwachsen. Auf einen etwas unruhigen Start folgt dann eine ruhige Brennphase, in welcher ein Stern wie die Sonne über viele Milliarden Jahre Wasserstoff zu Helium fusioniert. Und das, trotzdem sie in jeder Sekunde über 500 Millionen Tonnen Wasserstoff umsetzt, wobei 4 Millionen Tonnen Materie in reine Energie umgewandelt werden.“

„Ja“, sagte Julia, „das kann man sich gar nicht mehr richtig vorstellen. Aber solch ein Stern ‚lebt‘ ja nicht ewig, was wird am Ende aus ihm? Verschwindet er einfach, oder was?“

 

„Natürlich nicht, “ meinte Robert, „es kommt jetzt darauf an, wie viel Masse er bei seiner Entstehung ansammeln konnte. Richtige Fliegengewichte haben nur ein Zehntel bis zur Hälfte der Sonne an Masse. Diese so genannten Roten Zwerge verbrennen ihren Wasserstoff zu Helium, dann ist Schluss. Das aber sehr langsam, weshalb sie unwahrscheinlich alt werden. Weil dann am Ende aber die stützende Strahlung fehlt, kontrahiert der Stern wieder, bis er nur noch so groß wie die Erde ist. Das ist dann ein Weißer Zwerg, der gemächlich abkühlt. Auch die Sonne endet mal so, aber aufgrund ihrer Masse kann sie nach dem Wasserstoffbrennen auch noch das Helium zu Kohlenstoff und Sauerstoff fusionieren. Dabei dehnt sie sich aus, so etwa bis zur Bahn der Erde, sie wird dann zu einem Roten Riesen. Am Ende stößt sie ihre Hülle ganz ab und es bleibt wieder ein Weißer Zwerg aus Kohlenstoff und Sauerstoff übrig.“

„Aber das ist ja schrecklich! Dann verbrennt doch alles hier, kann man denn da nichts machen?“ „Nein, Julia, da kann man nichts machen. Das Ende ist unausweichlich. Aber mache dir mal keine Sorgen, es dauert noch gute 1 ½  Milliarden Jahre, bis es hier langsam ungemütlich wird. Wer weiß, ob es dann noch Menschen oder andere Lebewesen hier gibt. Dabei können wir sogar froh sein, dass die Sonne noch zu den ‚ruhigen Vertretern‘ gehört. Sterne, die sagen wir mal 10fach so schwer wie die Sonne sind, explodieren

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Bild 3: Sonne © NASA, ESA,SOHO

am Ende als so genannte Supernova. Weil die so viel Masse haben, ist auch ihre Eigengravitation sehr groß. Wenn also wie gehabt das Wasserstoffbrennen zu Ende ist, lässt der Strahlungsdruck nach und der Stern kontrahiert. Dadurch wird es im Kern so heiß, dass das erzeugte Helium zündet und zu Kohlenstoff und Sauerstoff fusioniert. Ist das wiederum abgeschlossen, zieht sich der Stern wieder weiter zusammen und der Kohlenstoff zündet. So geht das weiter, bis am Ende eine riesige Kugel aus Eisen im Sternzentrum steht, so groß wie unsere Erde. Eisen kann aber nicht mehr fusionieren und die Gravitation kann jetzt gnadenlos einwirken. Sie quetscht den Kern derart zusammen, dass die Elektronen in die Protonen gedrückt werden, so dass jetzt fast nur noch Neutronen dort sind. Wir haben dann einen Neutronenstern vor uns, der gerade einmal 20 Kilometer Durchmesser hat.

 

Das alles geht unfassbar  in Sekundenbruchteilen vor sich, erst später ‚merkt‘ die restliche Hülle, dass dort unten fast nichts mehr ist. Sie fällt mit Überschallgeschwindigkeit auf den Kern herunter, der aber ist als Neutronenstern das Härteste, was es im Universum gibt. Die Hülle prallt geschockt zurück und wird in einer gewaltigen Explosion ins All geschleudert. So oder so ähnlich enden alle Sterne, die Massen von 10 bis über 100 Sonnenmassen haben.“

 

„Puuh, das muss ja fürchterlich knallen, wenn solch ein Stern explodiert!“

„Aber Julia, im Weltraum herrscht doch ein Vakuum. Da können sich keine ‚Knall‘-Schallwellen ausbreiten. Diese Explosionen sind völlig lautlos.“

„Stimmt ja, ich habe gerade gar nicht daran gedacht. Aber toll, wie du das alles erklären kannst. Was ist das da oben für eine Gruppe von 5 oder 6 Sternen?“ Robert weiß es besser: „Es sind 7 mit bloßem Auge zu sehen, das sind die Plejaden, das Siebengestirn, lauter junge, heiße Sterne.“ Nach einer kurzen Pause stichelte Julia: „Du sollest mal ab und zu in diese Richtung sehen, dann könntest du dir auch etwas wünschen. Da sind nämlich immer wieder Sternschnuppen zu sehen.“ „Ja, weiß ich doch, “ gähnte Robert, „das sind die Perseiden. Winzige Staubteilchen, die weit oben in der Atmosphäre verglühen.  Wie sollen die denn unsere Wünsche erfüllen können?“ „Ach, du bist so unromantisch! Siehst du denn noch was Interessantes?“ plejaden

Plejaden  © NASA

„Aber klar, ein ganze Menge. Dort, der rote Punkt zum Beispiel, das ist der Mars, unser Nachbarplanet.“ „Toll, aber ich sehe auch etwas höchst Interessantes, das dir mal wieder überhaupt nicht aufgefallen ist!“ „Was kann das denn schon Großartiges sein…“ meinte Robert überheblich. „Typisch männlich! Du weißt so viel, aber merkst auch nicht mal das Geringste! Was glaubst du, weshalb können wir wohl all die schönen Sterne sehen? Weil uns nämlich irgendeiner das Zelt geklaut hat…!“

Erstellt von W. Kaspar. Copyright: W. Kaspar und Sternenpark Rhön

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